Der VCD zum S-Bahn Chaos in Berlin

VCD: Inakzeptabler Zustand - Rationalisierungsdruck beenden

"Wir sind entsetzt darüber, was derzeit bei der Berliner S-Bahn geschieht. Dass in einer Millionenstadt wie Berlin der Öffentliche Verkehr derart zusammenbricht, ist inakzeptabel", so Michael Gehrmann, Bundesvorsitzender des Verkehrsclubs Deutschland e.V. (VCD) zur kompletten Stilllegung zentraler S-Bahnlinien in der Hauptstadt ab kommenden Montag. Hauptverantwortlich für dieses Chaos sei die Deutsche Bahn AG, die mit ihrem übertriebenen Renditedruck aufgrund ihres geplanten Börsengangs zu den unverantwortlichen Einsparungen im Sicherheitsbereich der S-Bahn beigetragen habe. Es sei ein Unding, dass die vom Management und der Politik begangenen fatalen Fehler nun von den Bürgern und Besuchern Berlins ausgebadet werden müssen.

Gehrmann: "Der Öffentliche Verkehr soll vorrangig für die Menschen da sein, nicht dafür, aus ihm jeden nur möglichen Cent herauszupressen. In Berlin zeigt sich, was passiert, wenn der Staat seine Gemeinwohlverantwortung für das System Schiene nicht wahrnimmt, sondern knallhart an der Privatisierung der DB AG arbeitet. Als bundeseigenes Unternehmen hat sich die DB an ihren Töchtern auf Kosten der Sicherheit bereichert und damit ihr eigenes, internationales Logistikgeschäft subventioniert. Das darf unter keinen Umständen so weitergeführt werden."

Die Berliner S-Bahn sei grundsätzlich ein sehr gutes und für die Stadt äußerst wichtiges Verkehrsmittel, das nicht auf solche Weise heruntergewirtschaftet werden dürfe. Eine Entschuldigung von Bahnchef Rüdiger Grube reiche bei weitem nicht aus, um den verursachten Imageschaden und den Ärger der Menschen wieder gut zu machen. Er müsse alle nur möglichen Hebel in Bewegung setzen, um schnellstmöglich wieder eine Besserung beim S-Bahnverkehr in Berlin herbeizuführen. Wenn die DB AG jedoch nicht in Lage sei, die S-Bahn wirtschaftlich und zugleich attraktiv und sicher zu betreiben, müsse geprüft werden, ob andere Wettbewerber dies nicht besser können.

Stefan Kohte, Bahnexperte des VCD-Landesverbandes Nordost: "Was Berliner und Touristen ab Montag ganz dringend brauchen, sind Informationen auf den Bahnhöfen, an denen keine Züge mehr fahren. Die S-Bahn und die DB AG müssen alles verfügbare - vor allem englischsprachige - Personal auf den Bahnhöfen einteilen, damit sich die Menschen orientieren können, wie sie trotz der extremen Einschränkungen des S-Bahnverkehrs von A nach B kommen. Hier rächt sich der vom Senat hingenommene Abzug von rund 80 Prozent des Aufsichtspersonals an den S-Bahnhöfen. Zudem sollten ab Montag alle ICE-Züge, die via Bahnhof Zoo fahren, auch dort halten, um den Fernverkehrsreisenden einen besseren Anschluss an das U-Bahnnetz der Stadt zu gewähren."

 

 

 

 

 

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S-Bahn ab Montag den 20.07.2009 in Berlin eingestellt

Bericht "tutsi.de"

S-Bahn in Berlin ab Montag eingestellt: Da die Berliner Regierung und die Bahn-Vorstand offenbar unfähig sind, die längst überfälligen Sicherheitsauflagen des Eisenbahn Bundesamtes zu erfüllen, wird ab Montag, den 20.07.2009 das komplette S-Bahnnetz in der Innenstadt von Berlin lahmgelegt und für mindestens 3 Wochen wird in der Berliner City keine S-Bahn mehr fahren!

 

Aber nicht nur die Innenstadt von Berlin wird durch dieses Chaos bei der S-Bahn betroffen sein, denn nach inzwischen bestätigten Angaben wird auch der Zugverkehr der Berliner S-Bahn auch in den Randbezirken teilweise eingestellt, so dass mehrere tausend Pendler wohl Probleme haben werden, rechtzeitig zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen, das Bus und Bahn das extreme Passagieraufkommen wohl kaum bewältigen werden!

Welche S-Bahn fährt noch und welche Linien der S-Bahn sind eingestellt?

Nach Mitteilungen der S-Bahn GmbH soll die S-Bahn in Berlin erst im Dezember 2009 wieder vollständig planmäßig fahren können und dass, obwohl schon bereits seit Ende Juni 2009 die Verantwortlichen bei der S-Bahn nicht fähig sind, einen normalen Zugverkehr in Berlin zu garantieren…

Auf folgenden S-Bahn Strecken findet ab Montag, den 20.07.2009 kein Zugverkehr mehr statt:

  • keine S-Bahn zwischen Zoologischer Garten und Ostbahnhof
  • keine S-Bahn zwischen Olympiastadion und Spandau
  • keine S-Bahn zwischen Westkreuz und Nikolassee
  • keine S-Bahn zwischen Mühlenbeck-Mönchmühle und Blankenburg
  • keine S-Bahn zwischen Springpfuhl und Wartenberg
  • keine S-Bahn zwischen Adlershof und Flughafen Schönefeld
  • keine S-Bahn zwischen Strausberg und Strausberg-Nord

Die Linien S1 und S2 der S-Bahn sollen angeblich alle 20 Minuten fahren Und die Linien der Ringbahn S41 und S42 sollen zumindest tagsüber alle 10 Minuten fahren.

Weitere Informationen zu den Streckenausfällen bei der Berliner S-Bahn und Umfahrungsmöglichkeiten findet Ihr auf der Webseite der S-Bahn und zusätzlich hat die S-Bahn ein Kundentelefon eingerichtet, welches unter: 030 29743333 zu erreichen ist.

S-Bahn in Berlin ab Montag eingestellt: Warum das Chaos bei der S-Bahn?

Nachdem bekannt wurde, dass die Geschäftsführung der Berliner S-Bahn seit Jahren wissentlich die notwendigen Sicherheitsauflagen zum Schutz der S-Bahn Fahrgäste und Betriebssicherheit nicht erfüllt hatte, wurde am 2. Juli 2009 auf einen Schlag die komplette Führungsriege ausgetauscht.

Wenn man bedenkt, dass durch die Schlampigkeit und planmäßige Vertuschung der Sicherheitsrisiken der Berliner S-Bahn Züge schon einmal fast zur Katastrophe gekommen ist, als bei eine vollbesetzten S-Bahn am 01.05.2009 in Kaulsdorf eine Radscheibe brach und es nur deswegen keine Toten und Verletzten gab, da der Zug zu diesem Zeitpunkt sehr langsam in den Bahnhof einfuhr, sollte vielleicht auch über eine strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen nachgedacht werden!

Der neue S-Bahn-Chef Peter Buchner hat jetzt verkündet, dass nun endlich die längst überfälligen Sicherheitsüberprüfungen an den Fahrzeugen der Baureihe 481 durchgeführt werden und Experten rechnen während dieser Sicherheitsüberprüfung bei der S-Bahn mittlerweile mit dem Ausfall von drei Vierteln aller S-Bahn Züge in Berlin!

 

 

Klaus Wowereit und das S-Bahn-Chaos in Berlin

Ab Montag stehen in Berlin die meisten S-Bahn-Wagen für längere Zeit still. Der deutschen Hauptstadt droht ein nie dagewesener Verkehrsinfarkt. Bürgermeister Klaus Wowereit hingegen weilt im Urlaub – und hegt bundespolitische Ambitionen. Die spielen bei der Bewältigung des S-Bahn-Chaos eine Rolle.

Das Krisengespräch fand hoch über allen Verkehrsstaus statt. Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) hatte am Freitag die Top-Manager des öffentlichen Nahverkehrs in Berlin in ihre Verwaltung in den 14. Stock eingeladen. Einziges Thema: Wie kann das S-Bahn-Chaos bewältigt werden?

Denn ab Montag droht der große Stillstand in der deutschen Hauptstadt. Drei Viertel aller Wagen fallen ab diesem Tag für den Verkehr aus. Die Hauptstadt steht vor einem Schienen-GAU.

1,3 Millionen Fahrgäste befördert die S-Bahn pro Tag normalerweise durch die Stadt. Doch seit einem Radbruch am 1. Mai, als ein Zug im Stadtteil Kaulsdorf entgleiste, ist alles anders. Das Eisenbahnbundesamt prüfte die S-Bahn und stellte fest, dass das Tochterunternehmen der Deutschen Bahn die vorgeschriebenen Werkstattintervalle nicht eingehalten hatte.

 

 

In den vergangen Jahren wurde der Betrieb auf Gewinn getrimmt.

Die Behörde griff hart durch. Alle Achsen und Räder der modernen Wagon-Baureihe 481 müssen auf Risse überprüft werden. Im Innenstadtbereich wird die S-Bahn deshalb nun die Ost-West-Verbindung zwischen Bahnhof Zoo und dem Ostbahnhof einstellen.

 

Die Strecke hat als Zubringerlinie zur früheren Love Parade gewisse überregionale Bekanntheit erlangt und bindet den Hauptbahnhof an den Nahverkehr an. Regionalzüge der Deutschen Bahn sollen zumindest die großen Bahnhöfe verbinden.

 

Der Bahnhof Bellevue in der Nähe des Sitzes des Bundespräsidenten aber, oder S-Bahn-Strecken am Rande der Stadt, zum Beispiel die Strecke zum Flughafen Schönefeld, werden nicht mehr bedient.

Der Ausfall der Waggons und die Teilstilllegung des Netzes droht nun die Leichathletik-Weltmeisterschaft in Mitleidenschaft zu ziehen. Die WM findet vom 15. bis 23.August in Berlin statt. Ein Verkehrschaos während dieser Zeit wäre kein Imagegewinn für die Hauptstadt.

Deshalb wittern die Oppositionsparteien eine Chance zur Attacke auf den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, der neuerdings als möglicher SPD-Bundesvorsitzender ins Gespräch gekommen ist.

 

 

Volker Ratzmann und Franziska Eichstädt-Bohlig, die Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Abgeordnetenhaus, kommentierten die Lage: „Während die Bahn unserer Stadt die Lebensader abklemmt, verzieht sich Klaus Wowereit in den Urlaub.“

 

In der Tat weilt der Regierende Bürgermeister seit Mitte der Woche in den Ferien. Die habe er schon lange geplant, hieß es aus seinem Umfeld. Aber als sich die Lage der S-Bahn von Tag zu Tag zuspitzte, hatte Wowereit sich öffentlich wenig interessiert gezeigt.

 

Zwar gab es einen inszenierten Gipfel mit dem neuen Bahn-Chef Rüdiger Grube. Ihn indes nutzte Wowereit im Wesentlichen, um eine bei den SPD-Parteilinken beliebte Forderung zu präsentieren: Die Bahn solle von einem Börsengang absehen und ihre Tochter, die S-Bahn nicht weiter finanziell auspressen.

„Für die SPD ist klar: Das Thema Privatisierung der Bahn ist beendet“, sagte der Senatschef.

 

Da war er wieder, der Wowereit, der für die ganze SPD spricht, dessen Ambitionen Richtung Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur gehen – und den das Klein-Klein der Hauptstadt langweilt. Selbst wenn es ein drastischer Teilausfall der S-Bahn ist.

 

Wowereit hätte beim S-Bahn-Chaos als führungsstarker Krisenmanager punkten können – eine Chance, die zu nutzen er Anlass gehabt hätte. Denn die rot-rote Koalition hat in Umfragen keine Mehrheit mehr in der Stadt. Die SPD kommt nur noch auf 25, die Linke auf 14 Prozent.

 

Eine Jamaika-Koalition von CDU, FDP und Grünen könnte in zwei Jahren ins Rote Rathaus einziehen. Das „Könnte“ ist wichtig, weil nicht klar ist, ob die in Berlin eher linken Grünen zu einem solchen Bündnis nach der Abgeordnetenhauswahl 2011 bereit wären.

 

So wiegt sich Wowereit in Sicherheit. Das ist riskant. Wowereit ist der beliebteste Politiker in der Hauptstadt, aber seine persönlichen Umfragewerte sinken. In der letzten Umfrage von Infratest dimap verlor er fünf Punkte.